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Remote Work

Remote Work und Mitarbeiterbindung: Wie ist der Zusammenhang und was sagen die Daten?

Dominik Bernauer
Remote Work und Mitarbeiterbindung - Die Datenlage

Remote Work und Mitarbeiterbindung? Man kann an allem zweifeln. Da ist ein Blick in die Daten immer hilfreich. Auch, wenn sich manche der vorliegenden Studien an einigen Stellen widersprechen und methodisch völlig unterschiedlich sind, gibt es auch Bereiche, in denen sie erstaunlich ähnliche Ergebnisse liefern.

Weil die Studien sich in vielen Punkten sehr einig sind, beginnen wir mit einer kurzen Summary, für diejenigen, die nicht die Zeit haben alles zu lesen oder später noch mal wiederkommen. 😉 [tl;dr]

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Summary

Arbeitskräftemangel und Bewerbermarkt: Lösungen dringend gesucht!

Einer von vielen Lösungsansätzen, wie sich der Arbeitskräftemangel beheben ließe, ist eine starke Mitarbeiterbindung. Je häufiger Arbeitsformen wie Remote Work oder Hybrid Work zum Einsatz kommen, desto mehr stellt sich die Frage, nach ihrem Einfluss auf die Mitarbeiterbindung. Unbesetzte oder fehlbesetzte Stellen sowie langwierige Einstellsuchprozesse oder Mitarbeitende, die das Unternehmen bereits nach kurzer Zeit wieder verlassen, verursachen hohe Kosten. Und weil die Time-to-Hire in Zeiten des Arbeitskräftemangels ohnehin steigt, ist eine starke Mitarbeiterbindung wünschenswert.
Studien beschäftigten sich in den vergangenen Jahren vornehmlich mit den Vor- und Nachteilen der Arbeitsmodelle. Oder damit, ob die Produktivität darunter leidet und ob sich Mitarbeiter im Home-Office abgehängt oder isoliert fühlen. Ferner gibt es eine wachsende Zahl an Studien, die danach fragen, wie glücklich oder zufrieden Remote-Worker sind. Arbeitsformen, wie Remote- und Hybrid-Work oder Home-Office, sind Bausteine, mit denen Arbeitgeber für das Wohl ihrer Mitarbeitenden sorgen können. Nicht völlig uneigennützig dienen diese Bausteine auch dazu, Mitarbeitende möglichst langfristig im Unternehmen zu halten. Weiterhin finden sie durch ihren Einsatz wiederum Verwendung im Employer Branding und zahlen auf die Arbeitgebermarke ein.

Wir stellen also die Frage:

Verfügen Mitarbeitende, mit der Möglichkeit zur Nutzung flexibler Arbeitsformen, über eine höhere Arbeitszufriedenheit und wechseln ihren Arbeitgeber seltener?

Dafür sehen wir uns Studien beziehungsweise Daten der letzten Jahre an, die Hinweise darauf geben könnten. Grundsätzlich nehmen wir an (wozu wiederum eine Reihe von Studien existiert), dass es einen positiven Zusammenhang zwischen Arbeitszufriedenheit, beziehungsweise glücklichen / zufriedenen Mitarbeitenden und deren Wechselwilligkeit gibt.

Hinweis: Die Begriffe Mitarbeiterbindung, Arbeitszufriedenheit, Retention und dem im englischsprachigen Raum verwendeten “Employee Turnover”, sind nicht immer ganz trennscharf. Was teilweise auch an den Übersetzungen und deren Verwendung liegt.

1 Owl Labs “State of Remote Work” 2017

Den Anfang macht der bereits 2017 veröffentlichte Data Report von Owl Labs, einem Hersteller für Konferenzsysteme. Der Report sollte Führungskräften dabei helfen, den Einfluss von Remote Work auf Recruiting, Retention und Management zu verstehen. Die Befragung umfasste damals 1.097 in den USA ansässige Personen aus allen Unternehmensgrößen und Branchen.

Damals sagten noch 57 % der Teilnehmer, dass ihr Job die Arbeitsform Remote Work nicht zulassen würde. 65 % der befragten Arbeitnehmer, die nicht per Fernzugriff arbeiteten, wollten gerne mindestens einmal im Monat per Fernzugriff arbeiten. Erstaunlich, denn 2022 fragen Studien kaum noch nach Monatszeiträumen. Die Diskussion hat sich im Laufe der Jahre stark verändert. Aktuell steht eher die Frage im Raum, ob Remote Work oder Hybrid Work nicht auch in produzierenden Unternehmen und in Verbindung mit einer 4-Tage-Woche geleistet werden können.

Der Report von Owl Labs aus 2017 zeigt aber auch deutlich, dass Arbeitgeber, die Remote Work anbieten, von einer 25 % niedrigeren Fluktuation (employee turnover) profitierten.

Zum Report geht es hier: https://resources.owllabs.com/state-of-remote-work/2017

Remote Work & Mitarbeiterbindung: OWL Labs 2017 Remote Work Turn Over

[ABBILDUNG 1 | Employee turnover 2017; Quelle: https://resources.owllabs.com/state-of-remote-work/2017]

2 Owl Labs “State of Remote Work” 2022

2022 – also fünf Jahre später – sieht die Welt wenig überraschend ganz anders aus. Wir leben in einer Ära des Bewerbermarktes. Der Report des Owl Labs 2022 ist diesbezüglich eindeutig: zwei Drittel (66 %) der Arbeitnehmer sagen, sie würden sich sofort nach einem neuen flexiblen Arbeitsplatz umsehen, wenn die Möglichkeit, von zu Hause zu arbeiten, wegfiele. Weitere 39 % der Arbeitnehmer stimmten der Aussage zu: “Wenn ich jetzt oder in Zukunft nicht mehr remote oder hybrid arbeiten dürfte, würde ich meinen Job kündigen.

Befragt wurden für diesen Report etwa 2.300 Vollzeitbeschäftigte in den Vereinigten Staaten im Alter von 21 Jahren und älter in Unternehmen mit 10 oder mehr Mitarbeitern. Die Daten dieser Umfrage stammen aus Juli 2022. Für Arbeitgeber ist das ein deutlicher Weckruf, auch wenn die Daten den US-amerikanischen Arbeitsmarkt betreffen. Viel offensichtlicher kann der Handlungsbedarf der Arbeitgeber kaum noch werden.

Die Frage nach der Produktivität stellt sich – nebenbei bemerkt – inzwischen eigentlich auch nicht mehr. Im selben Report sagen 62 % der Befragten, dass sie sich produktiver fühlen, wenn sie remote arbeiten.

Zum Report „State of Remote Work 2022“ geht es hier lang: https://owllabs.com/state-of-remote-work/2022

3 Owl Labs “State of Hybrid Work 2022 Germany”

Wer jetzt denkt, Amerika ist weit weg (und sowohl die Great Resignation als auch Quiet Quitting (s. Leseempfehlungen unten!) sind als Trends in Deutschland nicht angekommen, also muss uns der Rest auch nicht interessieren), irrt in diesem Fall möglicherweise.

Hier ein paar ausgewählte Ergebnisse aus der Owl Labs Befragung zum deutschen Arbeitsmarkt:

Zum vollständigen Report geht es hier lang: https://owllabs.de/state-of-hybrid-work/2022

Top Benefits

[ABBILDUNG 2 | “State of Hybrid Work 2022 Germany”; Top-Benefits für optimale Mitarbeiterbindung; Quelle: https://owllabs.de/state-of-hybrid-work/2022]

Leseempfehlung Great Resognation & Quiet Quitting

Leseempfehlung: Daniel Mühlbauer aka HR-Datenliebe: “Datenlage: Wie GREAT ist die Great Resignation wirklich?

Leseempfehlung: Persoblogger Stefan Scheller: Quiet Quitting – ein neuer Trend um die „innere Kündigung“?

4 Tracking Happiness: Remote Work is Linked to Happiness

Eine weitere, 2022 durchgeführte Studie kommt von der Plattform „Tracking Happiness“. Befragt wurden 12.455 Menschen aus der ganzen Welt (38,6 % aus Nordamerika, 36,1 % aus Asien, 19,5 % aus Südamerika und 5,1 % aus Europa). Die Antworten auf die Umfrage wurden zwischen dem 10. April 2022 und dem 17. April 2022 gesammelt und ergaben unter anderem, dass die Zufriedenheit der Mitarbeitenden um 20 Prozent erhöht war, wenn Remote Work möglich war.

[ABBILDUNG 3 | Zusammenhang zwischen Remote Work und “Mitarbeiter Happiness” Quelle: https://www.trackinghappiness.com/remote-work-leads-to-happiness-study/]

Die Daten zeigen außerdem, dass vor allem jüngere Generationen Remote Work schätzen …

Generationen

[ABBILDUNG 4 | Generationen und ihre Vorliebe für Remote Work.
Quelle: https://www.trackinghappiness.com/remote-work-leads-to-happiness-study/]

… und wie sehr Pendelzeiten sich negativ auf die Zufriedenheit der Mitarbeiter auswirkt.

Remote Work und Mitarbeiterbindung: Wie ist der Zusammenhang und was sagen die Daten? | Commuting

[ABBILDUNG 5 | Mitarbeiter Happiness sinkt mit steigender Pendelzeit.
Quelle: https://www.trackinghappiness.com/remote-work-leads-to-happiness-study/]

27 % der Befragten gaben weiterhin an, dass ihr Lebensglück durch ihr Glück am Arbeitsplatz beeinflusst wird. Die Befragten meinten, dass sie sich in ihrem Privatleben produktiv und glücklich fühlen, wenn sie an ihrem Arbeitsplatz eine gute Work-Life-Balance erreichen können. 

Zur vollständigen Studie geht es hier lang: https://www.trackinghappiness.com/remote-work-leads-to-happiness-study/

5 ADP: People at Work 2022: A Global Workforce View

Die Studie People at Work 2022: A Global Workforce View von ADP, einem internationalen, im NASDAQ notierten Anbieter für Entgeltabrechnungs- und HR-Software und -Lösungen, wird seit einigen Jahren regelmäßig durchgeführt. Im Jahr 2022 nahmen 32.000 Mitarbeitende sowie Gig-Worker aus 17 Ländern teil. Die Studie bietet eine Menge verschiedener Erkenntnisse, wobei wir uns hier auf den Teil in Bezug auf die Arbeitszufriedenheit konzentrieren.

Diesbezüglich ist die Studie eindeutig und verzeichnet eine Zweiteilung der Arbeitswelt. Diejenigen, die von zu Hause arbeiten, sind optimistischer (89 %), was die nächsten fünf Jahre angeht, als ihre Kollegen (77 %), die in einem Büro arbeiten. Weiterhin sind sie zufriedener mit ihrem Arbeitsplatz als diejenigen, die vor Ort arbeiten (90 % gegenüber 82 %).

Insgesamt zeigen sich laut der Befragung neun von zehn Mitarbeitende mit ihrem derzeitigen Arbeitsplatz zufrieden, obwohl sie glücklicher sein könnten: 41 % der Mitarbeitenden gibt an, dass sie nur “somewhat satisfied” sind.

Passend zur oben erwähnten Studie von Owl Labs sagen 64 % der Befragten der ADP-Studie, sie würden sich nach einem neuen Arbeitsplatz umsehen, wenn sie in Vollzeit ins Büro zurückkehren müssten. Bei Owl Labs lag der Wert (s. o.) bei 66 %.

Interessanterweise kommt die ADP Studie – ähnlich wie die oben erwähnte Studie von „Tracking Happiness“ zu dem Schluss, dass vor allem die jüngeren Zielgruppen (18 – 24 Jahre) mit 71 % am wenigsten bereit sind in Vollzeit an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren.

Die Zahl ist spannend, obwohl diese Tatsache im Sinne unserer These eher ein Nebenschauplatz ist. Bislang hörte man öfter davon, dass gerade die jüngeren Zielgruppen den Austausch mit den Kollegen im Büro vor Ort vermissen und sich schneller abgehängt fühlten. (Das wäre vielleicht mal eine separate Betrachtung der Studienlage wert).

Zu den Ergebnissen der Studie geht es hier lang: https://mediacenter.adp.com/2022-04-25-ADP-Research-Institute-R-Reveals-Pandemic-Sparked-Shift-in-Workers-Priorities-and-Expectations-in-New-Global-Study

bidt – Bayerisches Forschungsinstitut für Digitale Transformation: Digitalisierung durch Corona? Homeoffice im März & Juni 2022

Die Publikation des bidt macht den Abschluss in unserer Runde, mit der sich der Kreis gewissermaßen auch schließt.

2022 wurden 1.126 erwachsene berufstätige Internetnutzerinnen und -nutzer zur Zufriedenheit mit dem Austausch mit Kolleginnen und Kollegen sowie mit Vorgesetzten und zum Umgang des eigenen Unternehmens mit dem Thema Homeoffice befragt.

Dabei kam heraus, dass die befragten Berufstätigen zufriedener mit dem Umgang beim Thema Homeoffice in ihrem Unternehmen sind, je häufiger sie im Homeoffice arbeiten.

Remote Work und Mitarbeiterbindung: Wie ist der Zusammenhang und was sagen die Daten? | Zufriedenheit

[ABBILDUNG 6 | Zufriedenheit mit der Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben
Quelle: Stürz, Roland A. ; Schlude, Antonia ; Putfarken, Hannes ; Stumpf, Christian: Digitalisierung durch Corona? Homeoffice im März & Juni 2022. URL https://www.bidt.digital/publikation/digitalisierung-durch-corona-homeoffice-im-maerz-juni-2022/. – abgerufen am 06.11.2022]

Auch diese Studie zeigt einen positiven Einfluss auf die Zufriedenheit mit der Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben auf. Und die hat wiederum einen positiven Effekt auf die allgemeine Arbeitszufriedenheit der Befragten.

Das haben wir bei der weiter oben erwähnten Studie „Tracking Happiness“ ebenfalls gesehen.

Weiterhin heißt es im Fazit der bidt Studie:

Derzeit am bidt durchgeführte qualitative Befragungen zeigen klar, dass ein geeignetes Angebot an Homeoffice-Möglichkeiten ein zunehmend wichtiger Wettbewerbsfaktor für Unternehmen beim Anwerben knapper Fachkräfte wird.”

Und ein Stück weiter, die Empfehlung:

Um langfristig im Wettbewerb bestehen zu können, müssen daher gerade viele kleinere und mittlere Unternehmen in Deutschland ihre Digitalisierung vorantreiben, um mit Homeoffice-Angeboten attraktive Arbeitgeber für Fachkräfte zu bleiben.”

Zur Publikation geht es hier entlang: https://www.bidt.digital/publikation/digitalisierung-durch-corona-homeoffice-im-maerz-juni-2022/

Fazit: Remote Work und Mitarbeiterbindung

Dem Fazit der Autoren der bidt-Studie ist quasi nichts mehr hinzuzufügen.

Vielen Dank für die erhellenden Einsichten: Roland Stürz, Antonia Schlude, Hannes Putfarken, Christian Stumpf.

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Bildquelle: Jason Goodman on Unsplash

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